Jessica Tatti
MdB
Auswertung der Antwort der Bundesregierung (BT-Drs. 20/5753) auf die Kleine Anfrage „Vier Jahre Qualifizierungschancen- und Folgegesetz: Allgemeine Entwicklung der durch die Bundesagentur für Arbeit geförderten beruflichen Weiterbildungen“ (BT-Drs. 20/5327) von Jessica Tatti u.a. und der Fraktion DIE LINKE im Bundestag.
Hintergrund:

Am 1. Januar 2019 trat das „Qualifizierungschancengesetz“ (kurz: QCG) in Kraft. Das Gesetz hatte das Ziel, die berufliche Weiterbildung durch mehr von der Bundesagentur für Arbeit (BA) finanzierte Förderungen zu verbreitern und zu intensivieren. Anlass für die umfangreicheren und breiter aufgestellten Fördermöglichkeiten war, dass neben arbeitslosen und arbeitsuchenden Leistungsbeziehenden auch aktuell in Betrieben Beschäftigte durch öffentlich geförderte Fort- und Weiterbildungen für den anstehenden technischen und wirtschaftlichen Strukturwandel der Arbeitswelt vorbereitet und ertüchtigt werden sollen. Stichworte für den Strukturwandel sind u. a. Digitalisierung und Dekarbonisierung der Wirtschaft. Zudem sollten Fort- und Weiterbildungen in Bereichen mit ausgeprägtem Fachkräftemangel („Engpassberufe“) besser gefördert werden. Die Fördermöglichkeiten des QCG wurden während der Corona-Pandemie im Oktober 2020 durch das „Arbeit-von-morgen-Gesetz“ noch einmal erweitert.

Die Fragestellenden wollen erfahren, wie die Bundesregierung nach vier Jahren die bisherige Wirkung des QCG bewertet und ob sie erste Weiterentwicklungs- oder Korrekturbedarfe sieht, um die ursprünglich anvisierten Ziele besser zu erreichen. Nachfolgend liegt der Fokus der Fragestellung auf den allgemeinen Entwicklungen der durch die BA geförderten beruflichen Weiterbildungen.

Zusammenfassung der Antwort der Bundesregierung (BT-Drs. 20/5753) auf die Kleine Anfrage (BT-Drs. 20/5327) im Überblick:

Insgesamt zeigt sich, dass die Teilnehmerzahlen in die Förderung der beruflichen Weiterbildung (FbW) seit 2019 stagnieren. Mit der Einführung des QCG ist kein nennenswerter Sprung zu verzeichnen. Trotz der leicht gesunkenen Zahlen im Corona-Jahr 2020 lassen die Zahlen bis Oktober 2022 keine signifikante Erhöhung der Teilnehmerzahlen erkennen.

Die Eintritte von Teilnehmenden in FbW nach Personengruppen sind seit 2019 mit 330.200 ebenfalls stark gesunken, auf 267.600 im Jahr 2021. Zwischen 2017 und 2019 sind die Zahlen jedoch leicht gestiegen. Dieser grundsätzliche Trend betrifft auch die einzelnen Gruppen wie Frauen, Alleinerziehende, Menschen ohne Berufsabschluss und Teilzeitbeschäftigte.

Die Zahl der Eintritte von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in der FbW haben ist ebenfalls nicht mehr auf dem Niveau von den vor-Corona-Jahren (135.000 im Jahr 2019). Bis Oktober 2022 lag die Zahl bei 80.000.

Wer trotz Arbeit Leistungen der Grundsicherung bezieht erhält immer seltener eine Maßnahme. Während im Jahr 2017 noch 7.800 Personen mit SGB II –Bezug  an einer Maßnahme teilgenommen haben, waren es im Jahr 2021 nur noch 2.100.

Das ursprüngliche Ziel des QCG, Beschäftigte zu fördern, die vom digitalen Strukturwandel betroffen sind, wurde nicht erreicht. Die Bundesregierung trifft hierzu keine Aussagen und kann auch die Wirkung des Gesetzes nicht evaluieren. Das Teilziel „Engpassberufe“ zu fördern hingegen wurde viel stärker in Anspruch genommen. Dies zeigen die Berufsgruppen, die am häufigsten gefördert wurden. Die häufigsten 5 Berufsgruppen mit Arbeitsentgeltzuschuss in den vergangenen Jahren sind 1. Altenpflege. 2. Gesundheit, Krankenpflege, Rettungsdienst 3. Lagerwirtschaft, Post, Zustellung. 4. Erziehung, Sozialarbeit.

Mein Kommentar zu den Ergebnissen:

Geringqualifizierte, Beschäftigte in prekärer Arbeit und Teilzeit, Alleinerziehende und Arbeitslose werden kaum beruflich gefördert. Weder Arbeitgeber noch die Politik erkennen deren riesiges Potential gegen den Fachkräftemangel. Daran hat sich auch mit den letzten Gesetzen überhaupt nichts geändert. Die Zahlen der Bundesagentur für Arbeit zeigen, dass diese benachteiligten Gruppen in den letzten Jahren noch weiter abgehängt wurden. Auch der aktuelle Gesetzentwurf aus dem Arbeitsministerium zur Aus- und Weiterbildung ändert daran nichts. Arbeitslose kommen überhaupt nicht vor. So wird die Spaltung auf den Arbeitsmarkt vertieft. Minister Heil muss endlich handeln: Es braucht mehr und gezielt Geld für die Aus- und Weiterbildung, anstatt völlig einseitig auf das Abwerben von billigen Fachkräften aus dem Ausland zu setzen.

Jessica Tatti, MdB, Sprecherin für Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag

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