Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Linksfraktion legt Ihnen heute Vorschläge für gute Arbeit in der Plattformökonomie vor. Unter Plattformarbeit verstehen wir alle Dienstleistungen, die über das Internet vermittelt und erbracht werden. Dabei werden die Beschäftigten digital koordiniert und kontrolliert.
Viele Plattformbetreiber machen ihre Beschäftigten zu Selbstständigen und erklären sich selbst zu reinen Vermittlern. Damit entledigen sie sich ihrer Verantwortung als Arbeitgeber. Sie müssen sich nicht um Arbeitnehmerrechte scheren, nicht um Arbeitsmittel, nicht um Mindest- oder Tariflöhne. Mitbestimmung – Fehlanzeige! Genau das ist nicht länger hinnehmbar!
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Bei vielen Plattformen frage ich mich, ob das Geschäftsmodell wirklich die großartige Dienstleistung ist oder nicht eher die krasse Ausbeutung der Beschäftigten. Dieser Verdacht drängt sich geradezu auf, wenn Plattformen wie Uber und Lyft, wie jetzt in Kalifornien, damit drohen, ihr Geschäft einzustellen, falls sie ihre Fahrerinnen und Fahrer wie Arbeitnehmer behandeln müssen; denn dann würde sich ihr Geschäftsmodell nicht mehr lohnen.
Die Linke sagt klipp und klar: Ausbeutung darf kein Geschäftsmodell sein.
(Beifall bei der LINKEN)
Die Politik muss diese negativen Auswüchse der Plattformökonomie abstellen, damit die positiven Seiten wie Flexibilität, Selbstbestimmung und leichter Einstieg in den Arbeitsmarkt sich überhaupt entfalten können. Deshalb müssen die Gesetze endlich so modernisiert werden, dass auch Plattformarbeit gute Arbeit sein kann.
(Beifall bei der LINKEN)
Bei der ortsgebundenen Plattformarbeit, der Gigwork, handelt es sich um Dienstleistungen, die lokal erbracht werden, zum Beispiel um Fahr- und Lieferdienste wie Lieferando oder Reinigungsdienste wie Helpling. Nach vielen Gesprächen mit Beschäftigten, mit Wissenschaftlern und Vertretern von Gewerkschaften sind wir der Auffassung, dass Gigworker grundsätzlich als Arbeitnehmer einzustufen sind.
(Beifall bei der LINKEN)
Sie müssen deshalb auch Anspruch auf eine vom Arbeitgeber mitfinanzierte Sozialversicherung, auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und auf Urlaub haben. Es kann doch nicht angehen, dass man hier auch noch die Tür für Lohndumping und für soziale Entsicherung aufhält.
(Beifall bei der LINKEN)
Differenzierter müssen wir bei der ortsunabhängigen Plattformarbeit, der Crowdwork, vorgehen. Die Arbeit in der Crowd wird ausschließlich online erbracht. Zum Teil finden sich hier hochqualifizierte und auch richtig gut bezahlte Tätigkeiten wie Programmierung, Architektur, Rechtsberatung und Design. Selbstständigkeit ist hier völlig in Ordnung. Aber der weit größere Teil der Crowdworker verrichtet kleinteilige und einfache Tätigkeiten; zum Beispiel geht es um das Abtippen von Listen oder das Schreiben von Katalogtexten. Das wird sehr schlecht und oft weit unterhalb des Mindestlohns bezahlt. Zwar sind diese Beschäftigten keine Arbeitnehmer im klassischen Sinn. Sie sind aber von den Plattformen wirtschaftlich abhängig und werden durch deren Technik und AGBs fremdbestimmt. Das werten wir als arbeitnehmerähnlich.
(Beifall der Abg. Jutta Krellmann [DIE LINKE])
Das heißt: Diese prekären Selbstständigen müssen wir deutlich besser schützen.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Für sie will Die Linke ein Mindestentgelt ähnlich dem gesetzlichen Mindestlohn einführen. Wir wollen, dass sie gemeinsam über ihre Entlohnung und ihre Arbeitsbedingungen mit den Plattformbetreibern verhandeln können, und wir wollen, dass Arbeitsschutzrechte auch in der Crowd gelten. Das ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit, um das hier mal in aller Deutlichkeit zu sagen.
(Beifall bei der LINKEN)
Werte Kolleginnen und Kollegen, Die Linke schlägt ein wohlüberlegtes Vorgehen vor. Wir wollen nicht die Plattformen plattmachen, sondern unredliche Geschäftsmodelle, damit verantwortungsvolle Plattformunternehmen wachsen können.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Der Wettbewerb darf nicht weiter auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen werden.
Frau Staatssekretärin Griese, richten Sie Minister Heil von uns aus: Er kündigt jetzt seit drei Jahren an, gesetzliche Regelungen zur Plattformökonomie einzubringen. Regieren heißt aber mehr als ankündigen. Während schon Kanzlerkandidaten gekürt werden, ist immer noch nichts passiert. Der Minister steht hier weiter im Wort, zu handeln.
(Beifall bei der LINKEN)