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Rede: Hartz IV-Beziehende bei der Weiterbildung weiter im Abseits


Meine Rede im Wortlaut

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister Heil! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute kommen vor allem gut Gebildete, unbefristet Beschäftigte in höheren Positionen in den Genuss von Weiterbildungen, die vom Arbeitgeber mitfinanziert werden. Andere hingegen wie Menschen in niedrigen Einkommensgruppen, geringer Qualifizierte oder Leiharbeiter werden von ihren Arbeitgebern weit weniger unterstützt und nehmen dadurch auch weit weniger an Weiterbildungen teil. Abgehängt sind erwerbslose Menschen. Von den erwerbslosen Hartz-IV-Beziehenden wurden im September 2017 nur 1,5 Prozent mit dem Ziel eines Berufsabschlusses gefördert. Nur 3,3 Prozent von ihnen nahmen an einer Fortbildung teil. Diese ohnehin schon jämmerlichen Zahlen sinken seit Jahren weiter. Das ist ein Armutszeugnis für diese Bundesregierung.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Den Geiz, nur wenige beruflich fortzubilden, können wir uns im Wandel der Arbeitswelt nicht mehr leisten.

(Beifall bei der LINKEN)

Grundsätzlich stehen die Arbeitgeber in der Pflicht, ihre Belegschaften auf die Digitalisierung vorzubereiten, damit sie eine sichere Zukunft im Betrieb haben. Für benachteiligte Gruppen braucht es mehr als unverbindliche Chancen, sie brauchen Rechtsansprüche.

(Beifall bei der LINKEN)

Sonst werden weiterhin primär die schon hoch qualifizierten Beschäftigten gefördert, und das ist völlig unzureichend.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie glauben, mit Ihrem Gesetz auf die veränderten Anforderungen des Arbeitsmarktes vorbereitet zu sein. Sie glauben, mit Ihrem Gesetz Beschäftigte präventiv vor technologiebedingter Arbeitslosigkeit zu schützen und gleichzeitig Unternehmen ausreichend mit Fachkräften zu versorgen. Sie haben überhaupt nicht verstanden, dass man Arbeitslosigkeit insbesondere dadurch bekämpft, dass man sich um diejenigen kümmert, die bereits arbeitslos sind.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich bin seit 2010 Vorstandsmitglied eines Vereins, der kostenlose und unabhängige Beratung für erwerbslose Menschen anbietet. Ich weiß, dass diese Menschen nur darauf warten, ihr Leben und das ihrer Familien zu verbessern. Deshalb darf es für sie nicht bei der bloßen Beratung bleiben.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was nötig ist, sind nachhaltige und sinnvolle Weiterbildungsmaßnahmen, die dann auch tatsächlich gefördert werden. Das wäre der richtige Weg, anstatt Arbeitslose nach dem Prinzip der schnellen Vermittlung in prekäre und mies bezahlte Jobs zu drängen.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was diese Menschen endlich brauchen, sind echte Perspektiven durch einen Rechtsanspruch auf Weiterbildung und auf einen Berufsabschluss.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von Union und SPD, Sie werden an diesem Gesetz nicht lange Ihre Freude haben. Ich prophezeie, wir werden spätestens in einem Jahr – sofern die Koalition überhaupt so lange durchhält – erneut über dieses Gesetz beraten müssen; denn die Regelungen für Berufstätige und Betriebe sind viel zu eng und zu kleinlich, sie sind für die Erwerbslosen völlig unzureichend und zementieren deren ohnehin schon schwache Position am Arbeitsmarkt. Ihr guter Wille ist bestimmt vorhanden; aber die Umsetzung ist schlecht. Damit geben wir uns nicht zufrieden.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)