Viele Menschen, die Arbeitslosengeld-II-Leistungen beziehen, schaffen es kaum, ihren laufenden Lebensunterhalt mit den Regelbedarfen zu decken. Ein Zustand, der sich durch die Inflation drastisch verschärft. Da der Regelbedarf oft nicht ausreicht, notwendige Anschaf-fungen wie z.B. eine Waschmaschine zu bezahlen, haben die Jobcenter die Möglichkeit, auf Antrag der Betroffen hin Darlehen zu gewähren. Dass hier Handlungsbedarf besteht, zeigt auch die Zusage der Bundesregierung an die Bundesländer, dass sie prüft, „ob und inwieweit die Einführung eines zusätzlichen einmaligen Bedarfs für die An-schaffung energieeffizienter Haushaltsgroßgeräte, wie zum Beispiel Kühlschränke und Waschmaschinen („Weiße Ware“), möglich ist.“ (Protokollerklärung, https://dserver.bundestag.de/btp/20/20071.pdf, S. 8353f).
Schulden beim Jobcenter werden in der Regel im laufenden Bezug „aufgerechnet“, also in Raten von 10 Prozent vom Regelbedarf einbehalten und dadurch schrittweise getilgt oder von den Jobcentern an das Inkasso-Service der Bundesagentur für Arbeit zur eintreibung abgegeben. Neben Darlehen können Schulden beim Jobcenter auch durch die Rückforderungen von Leistungen entstehen, z.B. nach Sonderzahlungen wegen geleisteten Überstunden beim Bezug von ergänzenden Leistungen. Betroffene berichten, dass der Brief mit der Rückforderung eine böse Überraschung sei, da sie nicht mit den Verwaltungsprozessen im SGB II vertraut seien und davon ausgegangen waren, dass die ursprünglichen Zahlungen abschließend gelten.
Die Ergebnisse aus der Antwort (BT-Drs. 20/4987)der Kleinen Anfrage (BT-Drs. 20/4272) im Überblick:
Es ist etwas erschreckend, dass genau gesagt werden, wie viele Bedarfsgemeinschaften wie viele Sanktionen bekommen, jedoch keine bundesweite Zahlen verfügbar sind, wie viele Menschen im Bezug von Leistungen der Grundsicherung Schulden beim Jobcenter haben. Dies sei nicht möglich, da nur Daten aus rund 3 Viertel aller Jobcenter vorliegen, der 302 Jobcenter in gemeinsamen Einrichtungen zwischen Kommune und der Bundesagentur für Arbeit („Jobcenter (gE)“). Über das restliche Viertel der Jobcenter in kommunaler Verantwortung („Jobcenter (zkT)“) lägen keine Daten vor. Aber auch für die JC (gE) ist es schwer, in Bezug auf Schulden beim Jobcenter ein klares Bild zu gewinnen:
Mein Kommentar zu den Ergebnissen:
Der Hartz IV-Satz wird künstlich kleingerechnet und reicht kaum fürs Leben aus. Ganz deutlich wird das, wenn unvorhergesehene oder größere Ausgaben fällig werden: wenn die Waschmaschine kaputt geht, wenn beim Umzug eine Kaution fällig wird oder auch nur, wenn für einen neuen ausländischen Pass weit über hundert Euro fällig werden. Hier bleibt vielen nur der schwere Bittgang zum Jobcenter. Wenn ein Darlehen gegeben wird, muss dieses in Raten wieder vom Existenzminimum abgestottert werden. Folge ist ein dauerhaftes Leben unterm Existenzminimum. Das ist unzumutbar für die Betroffenen und zudem ein riesen Verwaltungsaufwand für die Jobcenter.
Was hilft: Die Regelbedarfe müssen endlich bedarfsdeckend neu berechnet werden. DIE LINKE fordert einen monatlichen Zuschlag von 200 Euro, bis ein neuer Regelsatz steht. Zudem müssen Stromkosten und die Minipauschalen für seltene, aber teure Anschaffungen wie Waschmaschinen und Kühlschränke endlich raus aus dem Regelsatz. Das muss im Bedarfsfall in realistischer Höhe übernommen werden. Die Prüfung eines Zuschlags für „Weiße Ware“ braucht allerhöchste Priorität, die Bundesregierung steht hier im Wort!
Die Regierung darf die Jobcenter nicht weiterhin zum Kleinstkreditgeber für Notleidende machen, der viel zu viel Zeit und Energie darauf verwenden muss, Menschen am Existenzminimum monatliche Kreditraten abzupressen. Das geht so nicht weiter. Hier besteht wirklich noch ein riesen Reformbedarf, denn beim Bürgergeld wird das einfach weg ignoriert.
Jessica Tatti, MdB, Sprecherin für Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag