Jessica Tatti
MdB
Kleine Anfrage – Drucksache Nr. 20/360 und Nachfrage, Drucksache Nr. 20/947
Kleine Anfragen Jessica Tatti u. a. (LINKE), BT-Drs. 20/154, 20/360: „Externe Beratungsdienstleistungen bei der Bundesagentur für Arbeit“ und Nachfrage, BT-Drs. 20/554, 20/947: „Externe Beratungsdienstleistungen bei der Bundesagentur für Arbeit (Nachfrage zur Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage auf Bundestags-Drucksache 20/360)“.

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Auswertung der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage „Externe Beratungsdienstleistungen bei der Bundesagentur für Arbeit“ (Bundesdrucksache 20/360) und Nachfrage zur Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage „Externe Beratungsdienstleistungen bei der Bundesagentur für Arbeit“ auf Bundesdrucksache 20/947 von Jessica Tatti u.a. und der Fraktion DIE LINKE im Bundestag.

Hintergrund:

Die Bundesagentur für Arbeit macht im größeren Umfang von externen Beratungsdienstleistungen Gebrauch, wie zuletzt die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE „Nutzung externer Beratungsdienstleistungen durch die Bundesagentur für Arbeit“ (BT-Drs. 19/32664) belegte.

Aus Sicht der Fragestellenden blieb offen, warum die Bundesagentur für Arbeit nicht aus eigenen Kompetenzen heraus in der Lage zu sein scheint, aktuelle Probleme und zukünftige Aufgaben lösen zu können, und daher externe Dienstleistungen zukaufen muss.

Da die Antwort auf die erste Kleine Anfrage unsere Fragen nicht nachhaltig beantwortete, wurde eine  präzisierende Nachfrage gestellt. Beide Kleinen Anfragen werden nachfolgend zusammengefasst und bewertet.

Zusammenfassung:

Die Bundesregierung betont, dass die Beratungsaufträge zur IT der Bundesagentur für Arbeit

  • bezüglich der Höhe als Rahmenverträge ohne Abnahmeverpflichtung zu verstehen sind. Die tatsächlichen im Rahmen der abgelaufenen Verträge getätigten Ausgaben lägen mit 46,5 Millionen Euro unterhalb deren Gesamtvertragsvolumen von 62,6 Millionen Euro. Über eine Inanspruchnahme und die genauen Inhalte würden die Fachabteilungen entscheiden, dies geschehe mittels spezifischer „Abrufe“. Informationen, die über das maximale Volumen und abstrakt gehaltene Leistungsinhalte der einzelnen Rahmenverträge hinausgehen, teilte die Bundesregierung erst auf Nachfrage mit.
  • notwendig seien, um im Bereich Strategie auf die Erfahrungen anderer Unternehmen zurückgreifen zu können und im Bereich IT-Technik/-Software, da das Wissen und die Fähigkeiten in erforderlichem Umfang intern nicht vollumfänglich abgedeckt seien. Der Bedarf der BA sei neu und temporär. Allerdings erschließt sich bei dieser Argumentation nicht, warum dann seit 2012 in drei, jeweils vier Jahre umfassenden Rahmenverträgen immer wieder dieselben Themen vergeben werden. Spätestens bei den Folgeaufträgen wird unklar, warum der Bedarf neu und temporär sein soll. Die Umfänge der Aufträge – abgerufene Mittel in Höhe von insgesamt 46,5 Millionen für 2012-2020 und bis zu 40 Millionen in den kommenden vier Jahren, das entspricht durchschnittlich 5,8 Millionen/Jahr in der Vergangenheit und bis zu 10 Millionen/Jahr für die kommenden Jahre – lassen doch auf einen erheblichen, steigenden und dauerhaften Bedarf schließen, bei dem sich der Aufbau interner Kapazitäten lohnen würde.

Die Bundesregierung macht keine konkreten Angaben, zu der Anzahl von regulären Arbeitsplätzen in Vollzeit, die bei der Bundesagentur für Arbeit hätten geschaffen werden können, falls die Ausgaben für die von 2012 – 2020 gültigen Rahmenverträge nicht an externe Beratungsunternehmen, sondern in die interne Kompetenzentwicklung geflossen wären. Allerdings stellt sie eine Tabelle mit den Personalkostensätzen und Sachkostenpauschalen je nach Besoldungsgruppe zur Verfügung, aus der hervorgeht, dass für die 5,8 Millionen Euro, die in dem Zeitraum im Durchschnitt pro Jahr für externe Beratungsdienstleistungen ausgegeben wurden, etwa 38 Vollzeitstellen im höheren Dienst entsprechen.

Ganz aktuell wurde ein weiterer IT-Rahmenvertrag mit einer Obergrenze von rund 100 Mill. Euro abgeschlossen, die in den kommenden drei Jahren abgerufen werden können, also mit weiteren rund 33 Millionen Euro im Jahr. Die Themen und die Kurzbeschreibung des technischen Schwerpunkts der Vergabe (siehe Drucksache 20/360, Frage 1) deuten darauf hin, dass die interne IT-Abteilungen der BA („IT-Steuerung in der Zentrale der BA“ sowie „IT-Systemhaus“ mit insg. rd. 2000 Mitarbeiter:innen) erheblich auf externe Expertise für die Weiterentwicklung der IT-Infra- und Softwarestruktur angewiesen sind – wobei die vorgegebenen Themen der Vergabe so allgemein und abstrakt-technisch formuliert sind, dass daraus nicht hervorgeht, welche Probleme eigentlich bestehen und gelöst bzw. welche Ziele erreicht werden sollten.

Des Weiteren wurden weitere Beratungsaufträge abgefragt:

  • Knapp drei Millionen umfasst der Beratungsauftrag zur Entwicklung, Implementierung und Validierung für das Selbsterkundungstool für Menschen im Erwerbsleben. Dabei geht es um ein Online-Tool, das erwachsenen Menschen im Erwerbsleben bei der beruflichen Neuorientierung helfen soll, indem es mit testpsychologischen Mitteln Kompetenzen erfasst und auf Potentiale bewertet. Die Beratung erstreckt sich sowohl auf den Bereich der Testpsychologie wie der IT-Entwicklung und Umsetzung („New Plan“). Das Projekt läuft bis 2023 und ist bereits im Realbetrieb.
    Die Bundesregierung problematisiert nicht, ob psychologische Selbsttestverfahren ebenso geeignet sind, zuverlässig Kompetenzen, Potentiale und berufliche Ziele herauszuarbeiten wie testpsychologische Verfahren, die von ausgebildeten Fachkräften durchgeführt werden.
  • Die „Unterstützung im Rahmen der „Lebensbegleitenden Berufsberatung“ wurde mit rund drei Millionen Euro Umfang (2016-2018) und 2,5 Millionen (2018-2020) beziffert. Dabei ging es um die Entwicklung und Umsetzung eines Online-Tools für Jugendliche und Erwachsene zum Thema Ausbildung und Studium als Selbsttest („Check U“). Die Bundesregierung teilt mit, dass „Check U“ als Online-Selbsterkundungstool zu einem bedeutenden Eckstein der Berufsorientierung geworden ist.
  • Rund 23 Millionen Euro über eine Laufzeit von sechs Jahren (2014-2020) wurden für den Rahmenvertrag „Weiterentwicklung der Strategie >BA 2020<“ reserviert. Die tatsächlichen Abrufe und Ausgaben wurden nicht mitgeteilt. Unklar bleibt, warum eine übliche Managementaufgabe wie die Strategieentwicklung auf jährlich rund 4 Millionen Euro teure externe Beratungsunterstützungen angewiesen ist, anstatt diese dauerhaft anfallenden Bedarfe durch internen Kompetenzaufbau zu sichern.

Mein Kommentar zu den Ergebnissen:

Auch für die kommenden Jahre hat die Bundesagentur für Arbeit Beratungsverträge in massivem Umfang abgeschlossen. Bis zu 140 Millionen Euro gehen an McKinsey, Ernst & Young, KPMG und BearingPoint für IT-Beratungen. Die Begründung lautet, dass die Kompetenzen im eigenen Haus nicht vorhanden seien und der Bedarf neu und nur temporär sei. Ich bezweifle das stark. Denn schon 2012 und 2016 wurden die gleichen Aufträge an die gleichen Beratungsfirmen vergeben. Anstatt Beratungsfirmen anzufüttern, wäre die BA besser beraten, eigene Kompetenzen aufzubauen. Ansonsten macht sie sich dauerhaft von Beratungskonzernen abhängig. Deren Ziel ist nicht vorrangig das Wohl der Beitragszahler, sondern ihr eigener wirtschaftlicher Erfolg. Das halte ich für falsch und schädlich.

Jessica Tatti, MdB, Sprecherin für Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag

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