Jessica Tatti
MdB

Jessica Tatti, MdB Bündnis Sahra Wagenknecht, kritisiert die Haltung der Bundesregierung zu den Angriffen der Ukraine auf russische Frühwarnradarsysteme zur Erkennung strategischer Nuklearraketen:
„Keine Meinung der deutschen Regierung zur Gefahr einer nuklearen Eskalation in Europa – das geht gar nicht!“

„Die Bundesregierung hat entweder keine Meinung zur Gefahr eines drohenden Atomkrieges in Europa, oder sie weigert sich, Parlament und Öffentlichkeit an ihren Überlegungen teilhaben zu lassen“, sagt Jessica Tatti, Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW). Die Reutlinger Bundestagsabgeordnete hat schriftlich nachgefragt: „Wie bewertet die Bundesregierung die wiederholten Militärschläge der Ukraine gegen russische Frühwarnradarsysteme zur Erkennung ballistischer (nuklearer) Raketen?“

In ihrer Antwort verweist die Regierung auf das „durch Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen verbriefte Selbstverteidigungsrecht“ – und zwar nicht nur „gegen militärische Einrichtungen in den von Russland besetzten Gebieten“, sondern explizit auch „auf russischem Territorium“. (sic!)

„Bei den mindestens zwei Angriffen auf die strategischen Nuklearstreitkräfte der Russischen Föderation geht es nicht um die Verteidigung von Charkiw oder Kiew gegen angreifende russische Bomber oder hinter der Grenze abgeschossene Raketen“, so Tatti, „es geht um das weit im Hinterland stationierte Arsenal von russischen Interkontinentalraketen samt der dazugehörigen Frühwarnsysteme. Die Bundesregierung scheint die Brisanz dieser Angriffe nicht zu verstehen – oder aber sie unterstützt das Spiel der Ukraine mit dem nuklearen Feuer.“

Die BSW-Abgeordnete hatte die Bundesregierung auch gefragt, ob sie die auf der Webseite des Österreichischen Bundesheeres veröffentlichte Einschätzung von Oberst Markus Reisner teilt, diese Angriffe der Ukraine würden „hochbrisanten Zündstoff für eine neuerliche, gefährliche Eskalation“ bergen, weil dadurch „Bedingungen“ erfüllt sein könnten, „die Russland im Jahr 2020 öffentlich für gegnerische Angriffe festgelegt hat, die einen nuklearen Vergeltungsschlag auslösen könnten“ (www.bundesheer.at/aktuelles/detail/drei-fragen-zum-angriff-auf-das-russische-atomraketen-fruehwarnsystem-oberst-reisner-antwortet). Dazu teilt die deutsche Regierung knapp mit: „Die Bundesregierung kommentiert die in der Frage in Bezug genommene Einschätzung nicht.“

Dazu Tatti: „Statt ‚Tomahawk‘-Marschflugkörper in Deutschland zu stationieren und damit die brandgefährliche Rüstungsspirale weiter zu treiben, sollte sich der deutsche Bundeskanzler lieber für einen sofortigen Waffenstillstand stark machen. Dass Scholz in der wichtigen Frage Krieg oder Frieden hinter Viktor Orbán zurückbleibt, ist blamabel.“

Hier finden Sie die Antwort der Bundesregierung auf die Schriftliche Frage 6/483

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Hintergrund:

Russland verfügt laut Oberst Markus Reisner vom Österreichischen Bundesheer derzeit über bis zu zehn derartige Frühwarnradarsysteme. Mindestens zwei davon – in Armawir und in der Region Mordowien – wurden in den vergangenen Monaten (teilweise) zerstört.
Bei diesen Voronezh-DM-Radaren handelt es sich um „Over-the-Horizon“ (OTH) – „Ultra High Frequency“ (UHF)-Radare, welche Teil des russischen Frühwarnradarsystems zur Erkennung ballistischer Raketen sind. Die Radare haben eine Reichweite von horizontal 6.000 und vertikal 8.000 Kilometern. Ihr Ziel ist es, vor allem anfliegende amerikanische Atomraketen früh erkennen zu können, um rasch eigene Maßnahmen, darunter im äußersten Fall einen russischen nuklearen Gegenschlag, einleiten zu können.

Das russische Frühwarnerkennungssystem ist Teil der nuklearen Abschreckungsstrategie des Landes. Der Angriff auf Armavir könnte die Bedingungen erfüllen, die Russland im Jahr 2020 öffentlich für gegnerische Angriffe festgelegt hat, die einen nuklearen Vergeltungsschlag auslösen könnten.

www.bundesheer.at/aktuelles/detail/drei-fragen-zum-angriff-auf-das-russische-atomraketen-fruehwarnsystem-oberst-reisner-antwortet

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Russian nuclear forces, January 2024: insgesamt 5.580 Sprengköpfe (warheads)

Davon: Strategic nuclear forces (vor allem land- und seegestützte Interkontinentalraketen),
No. of warheads: 2.822 Sprengköpfe auf strategischen Waffensystemen

United States nuclear forces, January 2024: insgesamt 5.044 Sprengköpfe (warheads)
Davon: Strategic nuclear forces (vor allem see- und landgestützte Interkontinentalraketen),
No. of warheads: 3.508 Sprengköpfe auf strategischen Waffensystemen

www.sipri.org/sites/default/files/YB24%2007%20WNF.pdf
(siehe im PDF die Seiten 1-2 bzw. S. 271/272 sowie die Seiten 14 bzw. 284 und 28 bzw. 298)

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  • Der Taurus-Flugkörper hat laut Hersteller eine Reichweite von rund 500 Kilometern.

taurus-systems.de/de/prazisionsbewaffnung-mit-perspektive/

  • Von 2026 an sollen u.a. Marschflugkörper vom Typ „Tomahawk“ mit deutlich mehr als 2000 Kilometern Reichweite in Deutschland stationiert werden.

www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/marschflugkoerper-deutschland-usa-100.html

Jessica Tatti
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