Allein im Jahr 2023 wurden den Erben von Großvermögen in 26 Fällen Steuern in Höhe von mehr als 2,1 Milliarden Euro erlassen. Gezahlt wurden letztlich nur knapp 6,3 Millionen Euro. Die Steuererlasse wurden auf Basis der sog. Verschonungsbedarfsprüfung (gem. § 28a des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes) durchgeführt. Von 2021 bis 2023 entgingen dem Fiskus auf Grundlage der 2016 eingeführten Regelung insgesamt rund 4 Milliarden Euro Steuern. Übrig blieb eine „Steuer auf begünstigtes Vermögen“ in Höhe von gerade mal
284 Millionen Euro. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine schriftliche Anfrage der BSW-Abgeordneten Jessica Tatti hervor.
Dazu Jessica Tatti, MdB BSW: „Während der Durchschnittsverdiener fast die Hälfte seines Gehalts mit Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen an den Staat abführt, erhalten Erben von riesigen Unternehmensvermögen Steuerbefreiungen von 99,7 Prozent. Dass Firmenvermögen geschont wird, damit Betriebe fortbestehen, ist absolut notwendig, aber eine Steuerquote von 0,3 Prozent ist einfach grotesk. Der Staat verschenkt so jedes Jahr Milliardenbeträge an Superreiche, während Schulen, Bahn und Krankenhäuser vergammeln.“
Zum Vergleich: Der Eingangssteuersatz liegt in Deutschland bei 14%, der Spitzensteuersatz bei 42%. Die „effektive Steuerbelastung“ (Durchschnittssteuersätze) reicht von 3,9 bis 26 Prozent (www.sozialpolitik-aktuell.de/files/sozialpolitik-aktuell/_Politikfelder/Finanzierung/Datensammlung/PDF-Dateien/abbIII21a.pdf).Laut OECD musste ein Single mit einem Durchschnittsverdienst im vergangenen Jahr 47,9 Prozent seines Gehalts in Form von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen an den Staat abführen (www.handelsblatt.com/politik/deutschland/oecd-studie-nur-dieses-eine-land-hat-hoehere-steuern-und-sozialabgaben-als-deutschland/100033375.html).
Die 2016 eingeführte Verschonungsbedarfsprüfung ermöglicht es Erben von Unternehmensvermögen, Steuerbefreiungen von über 99 Prozent zu erhalten. Um den Erlass zu erhalten, müssen Erben und Beschenkte nachweisen, dass sie über kein oder nur geringes Vermögen verfügen, um die Steuer zu begleichen. Am Beispiel des Jahres 2023: Hier wurden in 26 Fällen Steuern in Höhe von insgesamt 2,1 Milliarden Euro erlassen, beglichen wurden am Ende Steuern in Höhe von nicht einmal 6,3 Millionen Euro (www.destatis.de/DE/Themen/Staat/Steuern/Weitere-Steuern/Tabellen/erbschaftsteuer-steuererlasse-verschonungsbedarfspruefung.html). Bei einem übertragenen Vermögen in Höhe von schätzungsweise rund 7 Milliarden Euro wurden von den eigentlich fälligen 2.126.595.000 Euro Steuern 99,7 Prozent wieder erlassen. Auch das „Netzwerk Steuergerechtigkeit“ kritisiert diese Praxis (www.netzwerk-steuergerechtigkeit.de/erneut-steuererlasse-in-milliardenhoehe-fuer-erben-von-grossvermoegen/).
In der Antwort von Katja Hessel, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesfinanzministerium, findet sich schließlich auch der Hinweis, dass mittlerweile auch (Familien-)Stiftungen zu den Profiteuren der massiven Steuernachlässe gehören.
Jessica Tatti: „Wir brauchen ein gerechtes Steuersystem, mit dem die öffentlichen Aufgaben wieder angemessen finanziert werden können, und jeder sollte dazu seinen Beitrag leisten.“