Jessica Tatti
MdB

Rasche und unbürokratische Hilfe für Impfgeschädigte nach Corona-Impfung fordert die Bundestagsabgeordnete Jessica Tatti vom Bündnis Sahra Wagenknecht:
„Die Bundesregierung muss jetzt handeln und medizinische Hilfen für Post-Vac-Betroffene unverzüglich an den Start bringen. Das hat Gesundheitsminister Karl Lauterbach schon vor über einem Jahr versprochen. Seitdem lässt er die Betroffenen hängen. Und wir wollen endlich wissen, wie viele Menschen nach Corona-Impfung langanhaltende Beschwerden entwickelt haben.“

Die Bundesregierung hatte auf Nachfrage der Abgeordneten (Link zur Schriftlichen Frage 5/355Link zur Schriftlichen Frage 5/385) erklärt, dass es bislang keine speziellen Hilfsprogramme für Impfgeschädigte/Post-Vac-Betroffene gebe und diese lediglich im Rahmen der geplanten „versorgungsnahen Forschung zu Long COVID mitberücksichtigt“ würden. Das Forschungsprogramm solle jedoch erst im Verlauf dieses Jahres starten.
Dabei geht den teils Schwerkranken die Zeit aus, wie Tatti bei einem Gespräch mit impfgeschädigten Mitgliedern der Tübinger Post-Vac-Selbsthilfegruppe erfuhr. Betroffene berichteten ihr, dass sie von der Long-Covid-Ambulanz des Uniklinikums abgewiesen worden seien, es keine Medikamente, Therapien oder Spezialisten für Post-Vac-Geschädigte gebe. Zudem könnten manche Betroffene nicht mehr arbeiten und hätten zusätzlich zu ihren gesundheitlichen nun auch noch große finanzielle Sorgen.

Es sei wichtig, dass es eine Aufarbeitung gibt, fordert Jessica Tatti: „Die Politik hat viel Vertrauen zerstört, gerade auch bei Impfgeschädigten, die sich auch aus Solidarität mit Alten und Kranken impfen ließen, und die nun mit ihren teils schweren Erkrankungen allein gelassen werden. Das ist schäbig.“ Auch deshalb fordere das BSW im Bundestag einen Untersuchungsausschuss.

Nach wie vor unklar sei auch die genaue Zahl der Betroffenen. „Wenn man Karl Lauterbach zuhört, hat man fast den Eindruck, dass es nur Long Covid gibt“, so Tatti: „Wenn man allerdings mit Impfgeschädigten spricht, stellt sich die Frage: Wie viele Post-Vac-Fälle werden hinter Long Covid versteckt?“

Das bereits im Herbst 2020 von der Großen Koalition geänderte Infektionsschutzgesetz (IfSG) verlangt ausdrücklich, dass das für die Impfstoffsicherheit zuständige Paul-Ehlich-Institut (PEI) sich auch die Diagnosedaten der Kassenärzte anschauen soll, um mögliche Risikosignale nach Impfung zu erfassen (siehe Hintergrund). Tatti will wissen, ob es ab 2021 mit Beginn der Impfkampagne einen spürbaren Anstieg etwa von Herzerkrankungen oder Schlaganfällen, von Krebsdiagnosen oder plötzlichen, unerwarteten Todesfällen auch jüngerer Menschen gab.

Auf Nachfrage der Abgeordneten teilte die Bundesregierung nun mit, dass der gesetzlich geforderte Datenabgleich des PEI mit den Daten der Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) noch immer nicht erfolgt ist, sondern lediglich „die neuen Datenflüsse mit ersten KVen getestet“ würden, eine Auswertung „in Vorbereitung“ sei. Dazu Tatti: „Dass die Bundesregierung diesen Datenabgleich auch nach dreieinhalb Jahren nicht durchgeführt hat, lässt den bösen Verdacht aufkommen, dass sie gar nicht wissen will, wie viele schwere Komplikationen es nach der Corona-Impfung tatsächlich gegeben hat.“

Jessica Tatti fordert von der Bundesregierung:

  1. Anerkennung des Post-Vac-Syndroms als neuartiges Krankheitsbild nach Impfungen gegen Covid-19 samt eigenem Behandlungs-Leitfaden, um Betroffenen den Zugang zu Versorgung jeglicher Art zu eröffnen, medizinisch wie finanziell, und die Erlangung eines (Schwer)Behinderten-Grades zu erleichtern.
  2. Schnellstmögliche Bereitstellung von Geldern für die eigenständige Erforschung des Post-Vac-Syndroms und für neuartige Therapieansätze. Finanzierung von spezialisierten, flächendeckenden Behandlungszentren für Post Vac in der Hochschulmedizin.
  3. Die Einrichtung einer Stiftung für Impfgeschädigte, in die neben Bund und Ländern auch Hersteller wie Biontech einzahlen, wie auch von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach im ZDF bereits ins Gespräch gebracht.

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Hintergrund:

Am 12.03.2023 erklärte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach im ZDF, an Medikamenten für eine Behandlung von Impfgeschädigten werde „fieberhaft geforscht“, er werde „so schnell wie möglich“ ein Programm für Menschen mit Long Covid wie für auch für Post-Vac-Betroffene auflegen. In der gleichen Sendung sagte Lauterbach auf die Frage des Redakteurs nach einer Stiftung für Impfgeschädigte: „Es wäre auf jeden Fall wertvoll, wenn die Firmen hier eine Beteiligung zeigen würden, denn die Gewinne sind ja exorbitant gewesen.“ https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/corona-long-covid-post-vac-impfschaeden-100.html

Wie die renommierte Apothekerzeitung Ende März 2024 berichtete, wurden „im australischen Bundesstaat Queensland mehr als 5.000 Personen ein Jahr nach einer Virusinfektion zu Symptomen und funktionellen Beeinträchtigungen befragt“. Ergebnis: „Es gab keine Unterschiede zwischen ehemaligen Patienten mit COVID-19, Influenza und anderen Atemwegserkrankungen. Die Studienautoren kritisieren deshalb Begriffe wie Long-COVID.“ https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2024/03/28/ist-der-begriff-long-covid-ueberholt Der pharmazeutische Fachdienst „Gelbe Liste“ berichtete bereits im März 2023 von einer AOK-Studie, bei der „die AU-Daten von Beschäftigten mit einer Krankmeldung aufgrund einer akuten Covid-19-Erkrankung sieben Monate lang nachbeobachtet. Zwischen September und Dezember 2021, als die Delta-Variante dominierte, folgte bei 2,5% auf die Akuterkrankung eine Post-Covid-Diagnose. Im Zeitraum, in dem Omikron das Infektionsgeschehen bestimmte, erkrankten nur 1,1% aller akut von Covid-19 Betroffenen an Post-Covid. (…) Nur bei knapp der Hälfte aller durchgängig Versicherten mit einer Post-Covid-Diagnose wurde vorab eine akute SARS-CoV-2-Infektion dokumentiert (sic!).“ https://www.gelbe-liste.de/coronavirus/ausfallzeiten-post-covid

In der Begründung zum Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD vom 03.11.2020(Drucksache 19/23944) heißt es auf S. 28:

„Die von den Kassenärztlichen Vereinigungen nach § 13 Absatz 5 Satz 1 Infektionsschutzgesetz IfSG an das RKI im Rahmen der Impfsurveillance zu meldenden Versorgungsdaten von gesetzlich krankenversicherten Personen sind auch für die Zwecke der im Zuständigkeitsbereich des Paul-Ehrlich-Instituts liegenden Pharmako­vigilanz von Impfstoffen von großer Bedeutung. Mithilfe der zusätzlichen pseudonymisierten Gesundheitsinfor­mationen können die Häufigkeit, Schwere und der Langzeitverlauf von Impfkomplikationen besser beurteilt wer­den. Darüber hinaus kann mit den Daten untersucht werden, ob gesundheitliche Schädigungen bzw. Erkrankungen bei geimpften Personen in einem zeitlichen Zusammenhang mit Impfungen häufiger vorkommen als bei unge­impften Personen.“
Und weiter: „Die seit Inkrafttreten des IfSG vom Paul-Ehrlich-Institut erhobenen Daten [zeigen], dass nicht alle Impf­komplikationen erkannt bzw. gemeldet werden und von einer Untererhebung auszugehen ist (sic!). […] Die Begrenzung der auf Einzelfallmel­dungen basierenden Überwachung der Arzneimittelsicherheit (passiven Surveillance) soll deshalb mithilfe der pseudonymisierten Daten der Kassenärztlichen Vereinigungen ausgeglichen werden. Diese zusätzliche Datenba­sis ist besonders wichtig bei der Einführung neuartiger Impfstoffe in den deutschen Markt sowie bei Veröffentli­chung neuer Impfempfehlungen, da es bei diesen noch an breiten Erfahrungswerten fehlt.“

 

Hier finden Sie die schriftlichen Fragen, die Jessica Tatti der Bundesregierung gestellt hat, sowie die entsprechenden Antworten der Bundesregierung:

Link zur Schriftlichen Frage 5/355Link zur Schriftlichen Frage 5/385

Jessica Tatti
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